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  2 (2003), Nr. 2: Inhalt
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Ralf Blank

'Einblicke' - eine Online-Zeitschrift für Regionalgeschichte

 
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Lokal- und Regionalgeschichte wird zum überwiegenden Teil in so genannten Heimatblättern thematisiert, die in der Regel von Vereinen herausgegeben werden und monatlich erscheinen. Die in diesen Publikationen zumeist durch Hobby-Historiker und ’Heimatforscher’ veröffentlichten Beiträge entsprechen häufig nicht dem Stand und dem Ziel wissenschaftlicher Forschung und Erkenntnis. Für die geschichtswissenschaftliche Forschung sind daher Periodika wichtig, die von einer wissenschaftlichen Redaktion betreut und in regelmäßigen Abständen herausgegeben werden.
 
 
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Wie bei allen Fachzeitschriften hat sich auch bei gedruckten regionalgeschichtlichen Publikationen die finanzielle Situation in den letzten Jahren sehr verschlechtert. Die Zielgruppe ist relativ klein, die Verkaufserlöse stehen zumeist nicht im Verhältnis zum Aufwand und den Herstellungskosten. Vielfach ist das Erscheinen einer lokalhistorischen Zeitschrift von einem erfolgreichen 'Sponsoring' und sonstigen Beteiligungen - beispielsweise Werbeeinnahmen - abhängig. Diese Situation könnte sich in den nächsten Jahren noch verschärfen.
 
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Angesichts dieser Entwicklungen auf dem Gebiet der konventionellen Publikationen stellt sich die Frage, ob Online-Zeitschriften auch für regional- und lokalhistorische Forschungen eine wirkliche Alternative darstellen. Ist der alles bestimmende Kostenaufwand tatsächlich geringer und erreicht das Medium Internet die Zielgruppe oder aber sogar neue Lesergruppen? Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich durch das Internet für eine wissenschaftliche Institution, die ’vor Ort’ ihre Forschungen und Materialen präsentieren möchte?
 
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Diesen Fragen ist das Team des Historischen Centrums Hagen im Jahr 2001 nachgegangen. Als Ergebnis wurde 'Einblicke' als Online-Zeitschrift für Regionalgeschichte ins Leben gerufen: www.historisches-centrum.de/einblicke/. Die Bezeichnung ’Einblicke’ charakterisiert das Ziel des Mediums: ’Einblick nehmen’ in die Arbeit des Historischen Centrums sowie in unterschiedliche Aspekte der regional- und lokalgeschichtlichen Forschung.
 
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Folglich konzentriert sich das inhaltliche Spektrum der nunmehr schon im dritten Jahrgang erscheinenden ’Einblicke’ im Wesentlichen auf Themen, die sich mit der Stadtgeschichte Hagens und der Region beschäftigen. Unter Region ist in diesem Fall im historischen Kontext der mittelalterliche Amtsbezirk Wetter mit dem Gericht Hagen und das heute in Teilen auf Hagener Stadtgebiet liegende frühere Territorium der bis 1807 souveränen Grafschaft Limburg zu verstehen.
 
 
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’Einblicke’ ist somit auch das Publikationsorgan des Historischen Centrums Hagen mit seinen hauptsächlichen Arbeitsbereichen: Archive und Museen. Das Stadtarchiv Hagen zählt dabei zu den größeren Kommunalarchiven in Nordrhein-Westfalen. Bedingt durch die urbane Entwicklung Hagens seit der Frühen Neuzeit - erst im Jahr 1746 erhielt Hagen Stadtrechte - und die zahlreichen Eingemeindungen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand ein heterogener Bestand, der verschiedene Einzelsammlungen sowie die Akten gleich mehrerer Amtsbezirke und zweier Städte (Haspe und Hohenlimburg) verwahrt. Ein Teil dieser Bestände, die Inhalte von circa 15.000 Akten, sind bereits über das Internet einsehbar: www.historisches-centrum.de/archiv/. Der Fotobestand umfasst etwa 200.000 Negative, Glasplatten und Papierabzüge seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit dem Westfälischen Literaturarchiv, das 1962 unter Mitwirkung des Hagener Schriftstellers und Dichters Ernst Meister gegründet wurde, und dem im selben Jahr entstandenen Westfälischen Musikarchiv gehören zum Historischen Centrum Hagen zwei weitere Spezialarchive von überregionaler Bedeutung.
 
 
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Das Stadtmuseum Hagen verwahrt demgegenüber die Sachkultur der Region, die von einer reichhaltigen archäologischen Sammlung, für die im Wasserschloss Werdringen ein eigenes Haus in Vorbereitung ist, über die international bedeutsame Porzellansammlung Laufenberg-Wittmann bis hin zur Industriekultur des 19. und 20. Jahrhunderts sowie zu zeitgeschichtlichen Exponaten reicht.
 
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Alle diese Bestände und Sammlungen des Historischen Centrums bilden den thematischen und inhaltlichen Hintergrund der Online-Zeitschrift ’Einblicke’. Durch die konzeptionelle Arbeit an der Dauerausstellung des Hagener Stadtmuseums sowie deren zur Zeit in Arbeit befindlichen Realisierung bis 2005 eröffnet die Bestandsforschung und archivarische Erschließung ständig neue Themen und Inhalte für die Online-Zeitschrift ’Einblicke’, die in den nächsten Ausgaben sukzessive vorgestellt werden sollen. Doch nicht nur werden Archiv- und Museumsbestände thematisiert, sondern auch regionalhistorische Forschungsergebnisse, wie unter anderem die Beiträge von Ralf Peter Fuchs über einen Kriminalfall aus dem Jahr 1591 (Ausgabe 7/2002) sowie von Stephanie Marra und Gerhard E. Sollbach über einen frühneuzeitlichen Richtplatz (5/2002) belegen.
 
 
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Die Beiträge in ’Einblicke’ erscheinen in unregelmäßigen Abständen. Eine Ursache dafür ist der Umstand, dass die redaktionelle Betreuung neben der regulären Arbeitszeit laufen muss. Dies bedeutet, dass die ’Anwerbung’ von Autoren und die ’Produktion’ von Beiträgen nur einen zeitlich sehr eingeschränkten Bestandteil der hauptberuflichen Museums- und Archivarbeit darstellt und zumeist noch in der Freizeit erledigt werden muss. Darunter leidet naturgemäß der Umfang und der Erscheinungsrhythmus von ’Einblicke’ im Vergleich zu Online-Zeitschriften mit einer ’hauptamtlichen’ Redaktion. Hinzu kommt, dass es für ’Einblicke’ keine finanzielle und sonstige Unterstützung gibt. Abgesehen vom Speicherplatz auf dem Server des Historischen Centrums leben die ’Einblicke’, um dies nochmals zu unterstreichen, hauptsächlich vom Engagement der Autoren und des Teams im Hagener Museums- und Archivzentrum. Das sind zwar sicherlich ungünstige Voraussetzungen für eine Online-Zeitschrift, doch in der Funktion der ’Einblicke‘ als ’Hausjournal’ des Historischen Centrums wäre eine andere Alternative kaum denkbar. Mehr noch: die Anbindung an das Historische Centrum garantiert die Nachhaltigkeit der Inhalte und die wissenschaftliche Qualität der Publikationen. Gleichzeitig stellen die reichen Archiv- und Museumsbestände eine beständige Quelle für weitere interessante Beiträge dar.
 
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Die Zugriffszahlen auf die ’Einblicke’ und auf einzelne Beiträge sind sehr unterschiedlich. Gemessen an den Besuchern (’visitors’), Besucher-Sitzungen (’visits’) und Seitenaufrufen (’pageviews’) erreicht das Journal bislang monatlich bis zu 1.800 Besucher auf der Startseite. Einzelne Beiträge wurden durchschnittlich von bis zu 2.580 Besuchern im Monat abgerufen, wobei es ausschlaggebend ist, ob der Beitrag zum Beispiel in der Presse vorgestellt oder aber sich als Link auf anderen, gut besuchten Online-Angeboten verlinkt wurde.
 
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Im Zusammenhang mit der Einweihung des architektonisch neu gestalteten Rathausviertels in Hagen stellte ’Einblicke’ im April und Mai 2003 den Fund von Bauplanungsentwürfen im Stadtarchiv Hagen vor (Beilage 1/2003), die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in der Vorbereitung des Wiederaufbaus angefertigt wurden. Die zeitnahe Publikation dieser völlig im Wiederspruch zu den tatsächlich erfolgten Baumaßnahmen und des heutigen Erscheinungsbildes stehenden Pläne, die noch Anklänge zur Städteplanung der NS-Zeit zeigten, führte zu einem regen Interesse der Regionalpresse, Online-Medien und der interessierten Öffentlichkeit an den digitalisierten Planungsskizzen.
 
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Die eingangs formulierte Frage danach, ob der Kostenaufwand bei Online-Zeitschriften tatsächlich geringer ist als bei konventionellen Publikationen, ob das Medium Internet sogar neue Lesergruppen erschließen kann, und ob eine wissenschaftliche Institution, die ’vor Ort’ ihre Forschungen und Materialen präsentieren möchte, hier neue Möglichkeiten der Darstellung findet, können zur Zeit noch nicht abschließend beantwortet werden. Für das Historische Centrum Hagen erweist sich die regionalgeschichtliche Online-Zeitschrift ’Einblicke’ jedoch als tatsächlicher Gewinn, wenn man den Kosten-Nutzen-Effekt im Vergleich zu einer herkömmlichen Zeitschrift, die Zahl der erreichbaren Leser, die nicht nur ’Heimatfreunde’ einschließen, und auch die multimedialen Möglichkeiten betrachtet.
 
Autor
Ralf Blank M.A.
Historisches Centrum Hagen
Ralf.Blank@historisches-centrum.de
http://www.historisches-centrum.de/
 

Anmerkung der Redaktion:

Wenn nicht anders vermerkt, gilt als Referenz-Datum für Inhalt und Funktionalität aller im Text genannter Links der 17.10.2003.

Empfohlene Zitierweise:

Ralf Blank: 'Einblicke' - eine Online-Zeitschrift für Regionalgeschichte, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 2 [22.10.2003], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/02/blank.html>

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