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2 (2003), Nr. 1: Inhalt
Abstract

Cyberspace

Antike Erinnerungsräume
Die Bedeutung der Mnemonik für die Kunstgeschichte
Virtuelle Museen
Immersion
Interaktive Räume
Anmerkungen
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Katja Kwastek

Interaktive Erinnerungsräume: LambdaMOOs und Lernen im CAVE als Erben des Simonides?

Abstract   

Der Cyberspace - im Sinne sowohl von weltweiter Vernetzung als auch von räumlich simulierten Scheinwelten - bietet nicht nur Künstlern ein neues Betätigungsfeld, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für die wissenschaftliche Forschung und Lehre. Schon in der Antike war die Kunst der Memoria eng mit der räumlichen Vorstellungskraft verbunden. Während die antiken, mentalen Erinnerungsräume jedoch nur individuelle Wissenskonstruktionen erlaubten, ermöglicht die digitale Technologie die Schaffung von virtuellen Kommunikationsräumen. Diese können nicht nur eine flexible Strukturierung von Wissen erleichtern, sondern auch zu einer neuen Form des wissenschaftlichen Austauschs führen. Gerade die Kunstgeschichte, die es primär mit visuell wahrnehmbaren Gegenständen zu tun hat, muss sich fragen, inwieweit die Darstellung und Diskussion ihres Forschungsgegenstandes im virtuellen Raum dem Fach neue Perspektiven eröffnet.

Cyberspace

<1>
Neben der Berechenbarkeit von Informationen jeglicher Art ermöglicht das digitale Medium vor allem deren alineare Strukturierung und interaktive Nutzung. Dies führt zu neuen Formen der Darstellung und Vermittlung von Wissen, die auch und gerade den Geisteswissenschaften neue Impulse geben können. Schließlich ist die Strukturierung wissenschaftlicher Informationen Abbild der im Fach angewandten Methoden und Grundstock neuer methodischer Ansätze, so dass die Form der Wissensvermittlung und -strukturierung nicht lediglich eine Frage von Layout oder Rhetorik, sondern einen wichtigen Bestandteil der Selbstbestimmung eines Faches darstellt [1].

<2>
Vor diesem Hintergrund soll gefragt werden, welche Bedeutung der Cyberspace für die Darstellung der Kunstgeschichte erlangen kann. Der Begriff Cyberspace - der kybernetische Raum, eine literarische Prägung der 80er Jahre - impliziert zweierlei. Während der erste Teil des Wortes (Cyber) von der Kybernetik herstammt und auf ein rückkopplungsfähiges, also interaktives Datensystem verweist, impliziert der zweite Teil eine räumliche Komponente. Diese kann sowohl den realen, weltweit vernetzten Datenraum als auch eine räumlich simulierte Scheinwelt, auch 'Virtual Reality' genannt, bezeichnen. Sowohl die räumliche Darstellung als auch Vernetzung und Interaktivität sind nicht nur von technischem oder künstlerischem Interesse, sondern beschäftigen auch die Pädagogen. Dabei ist das Lernen oder Erinnern durch räumliche Vorstellung eine sehr alte, das vernetzte, kooperative Lernen eine relativ neue Errungenschaft. Beide gehen im Cyberspace eine Symbiose ein, deren Nutzen für die Darstellung kunst- und kulturhistorischer Inhalte im Folgenden diskutiert werden soll.

Antike Erinnerungsräume

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Der berühmte griechische Dichter Simonides wurde während eines Festmahls im Palast des Skopas herausgerufen, da ihn zwei Männer sprechen wollten. Genau in dem Moment, in dem er vor der Tür war, stürzte das Dach des Festsaals ein und begrub alle Gäste unter sich. Die Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Simonides aber, der auf so wundersame Weise dem sicheren Tod entkommen war, konnte aufgrund seines hervorragenden räumlichen Erinnerungsvermögens genau sagen, welcher Gast wo gesessen habe. Nur durch seine Hilfe konnten die Opfer identifiziert und ihre Überreste den Angehörigen übergeben werden [2].

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Diese ziemlich makabre und hier stark verkürzt wiedergegebene Legende trug Simonides den Ruf des Urvaters der Erinnerungskunst zu, die in der Antike als grundlegender Bestandteil der Rhetorik hohes Ansehen genoss. Schriftlich überliefert ist die Kunst der Memoria (Mnemonik) erstmals durch einen unbekannten römischen Autor des ersten Jahrhunderts vor Christus: Nach dem sogenannten Ad Herennium (86-82 v. Chr.) umfasst das Gedächtnis als Schatzhaus der Erfindungen und Hüter aller Teile der Rhetorik das natürliche, angeborene Gedächtnis und das künstliche Gedächtnis, das durch Übung gestärkt werden könne und dem eben jene Erinnerungskunst galt. Unterschieden wird hier wiederum zwischen dem Gedächtnis für Dinge (memoria rerum) und dem Gedächtnis für Wörter (memoria verborum). Die Grundregel zum Erinnern sowohl von Dingen bzw. Sachverhalten als auch von Wörtern oder ganzen Texten besagt, man solle sich reale oder fiktive Orte (loci) bzw. ein Ensemble derselben vorstellen, die nicht zu bevölkert, klar gegliedert, ausreichend beleuchtet und von mittlerer Größe sein sollten. Die loci mussten somit zwar nicht zwangsweise gebaute Räume sein, die fortlaufenden Anspielungen auf gebaute Architektur beweisen aber, dass die Gliederung und Strukturierung der loci im architektonischen Raum als sinnfälligste Methode angesehen wurde. Für die zu erinnernden Dinge oder Wörter soll man sich nun Bilder überlegen, Formen, Zeichen oder Abbilder, die möglichst ungewöhnlich oder beeindruckend sein sollten, sogenannte "imagines agentes".
Diese Bilder soll man nun im Geiste in den gewählten Lokalitäten anbringen, natürlich in einer sinnvollen Reihenfolge, die dem zu memorierenden Sachverhalt entspricht.

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Wie man sich die imagines agentes vorzustellen hat wird am Beispiel eines Verteidigers vor Gericht erläutert, der sich folgende Anklage merken muss: Es wird behauptet, der Beschuldigte habe einen Menschen vergiftet und als Motiv für das Verbrechen die Gier nach der Erbschaft angegeben. Zudem habe er erklärt, dass es für diese Tat viele Zeugen und Mitwisser gebe.
Diese Anklage solle man memorieren, indem man sich den Ermordeten krank im Bett, den Angeklagten vor dem Bett vorstellt. Letzterer trage einen Becher in der Hand, der an die Tatsache des Vergiftens erinnere, sowie eine Schreibtafel, die auf die Erbschaft verweise. Um sich auch den Verweis auf die Zeugen zu merken, soll man sich nun nicht etwa weitere Menschen am Bett vorstellen, sondern der Angeklagte solle zudem noch einen Widderhoden halten, da dessen lateinische Bezeichnung, testiculi, Klangähnlichkeit mit testes (Zeugen) habe.

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Die Merkbilder sollten also so ungewöhnlich sein, damit sie möglichst gut im Gedächtnis bleiben, da der Mensch sich das Ungewöhnliche besser merkt als das Gewöhnliche [3]. Im Prinzip haben wir es also mit nichts anderem zu tun als mit visuellen Eselsbrücken, denn auch diese zeichnen sich ja häufig durch die besondere Absurdität der Verknüpfung aus.

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Auch Cicero betont in seinem Buch über die Redekunst die Bedeutung der visuellen Wahrnehmung für das Gedächtnis, denn "der schärfste von all unseren Sinnen ist [aber] der Gesichtssinn. Deshalb kann man etwas am leichtesten behalten, wenn das, was man durch das Gehör oder durch Überlegung aufnimmt, auch noch durch die Vermittlung der Augen ins Bewusstsein dringt". Schon Quintilian hingegen ist eher skeptisch. Gerade hinsichtlich des Wortgedächtnisses spricht er von einer "doppelten Belastung", da man sich zu den Worten noch die Bilder merken müsse [4]. Er empfiehlt hier eher das visuelle Memorieren des - damals noch auf Wachstafeln - geschriebenen und gut gegliederten Textes. Dennoch, auch noch bei den mittelalterlichen Scholastikern ist die räumliche Erinnerungskunst bekannt und beliebt. Sowohl Albertus Magnus als auch Thomas von Aquin verteidigen die Erinnerung von Sachverhalten durch Phantasiebilder, da die sinnhafte Erinnerung die beste und einfachste sei.

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Die Renaissance hingegen bedeutet allein schon insofern eine Wende in der Geschichte der Gedächtniskunst, als mit der Erfindung des Buchdrucks die Kapazität der externen Wissensspeicher zunimmt, man also für das Abrufen von Informationen neben seinem privaten Gedächtnisgebäude in verstärktem Maße das der Bibliothek nutzen kann. Zunehmende Bedeutung erlangt daher die Frage nach dem Informationsfluss von externen zu internen und damit auch von kollektiven zu privaten Wissensspeichern, eine Frage, die in Zeiten der technischen Medien - wie zu zeigen sein wird - noch virulenter wird [5]. In der Renaissance ist eine Trendwende hin zu Mnemonik-Traktaten zu verzeichnen, die nicht mehr Techniken der individuellen Wissensspeicherung beschreiben, sondern bereits inhaltlich auf das zu Speichernde eingehen, das heisst versuchen, eine Ordnung des inzwischen unüberschaubar gewordenen Weltwissens zu kreieren. Bekannt ist beispielsweise das Gedächtnistheater des Giulio Camillo, das als begehbares Modell tatsächlich gebaut werden sollte. Ausgehend von den sieben Planeten sollte es in sieben Rängen ansteigen, deren Stufen die Weltordnung von der Schöpfung der Elemente bis hin zu den Tätigkeiten des Menschen darstellen. In zahlreichen Bildern, Symbolen und Texten, teils äußerlich sichtbar, teils in Schubladen aufbewahrt, sollte hier das Weltwissen gesammelt und zur Erinnerung aufbereitet werden [6].



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Als weitere Beispiele seien der Missionar Matteo Ricci, der die Mnemonik im 16. Jh. den Chinesen vermittelte und imagines agentes für die christliche Religion als Kupferstiche veröffentlichte, oder Robert Fludd, der ein System aus Tierkreiszeichen und ihnen zugeordneten Theatern als Memorialgebäude vorschlug und diese in Skizzen veröffentlichte, erwähnt [7].

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Ohne die Geschichte der Erinnerungskunst, ihrer Gegner und Befürworter hier weiter aufrollen zu wollen, ist festzuhalten, dass wir es mit zwei Modellen der Erinnerungsräume zu tun haben: Regeln zur Gestaltung von Räumen, mit denen beliebige Inhalte memoriert werden können - heutzutage würde man von Content-Management-Systemen sprechen - und ausgearbeitete inhaltliche Bezugssysteme, die den entsprechenden Content bereits mitliefern.
Vor diesem Hintergrund soll nun zwei Fragen nachgegangen werden: Welche Bedeutung hat die Mnemonik für die Kunstgeschichte und inwieweit kann man den Cyberspace als Erbe der Erinnerungsräume werten und in einem weiteren Schritt nutzen?

Die Bedeutung der Mnemonik für die Kunstgeschichte

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Zunächst einmal kann man die traditionellen Bilder der Kunstgeschichte unter dem Aspekt der Erinnerungsregeln analysieren, den Einfluss der Mnemonik-Traktate auf Allegorien und ähnliches untersuchen, wie es zum Beispiel für die Spanische Kapelle in Florenz und die Tugenden und Laster von Giottos Scrovegni-Kapelle vorgeschlagen wurde [8]. Darum soll es hier aber nicht gehen. Es soll hingegen gefragt werden, ob die Strukturierung von Wissen nach Art der Erinnerungsräume auch für die Kunstwissenschaft fruchtbar sein kann - stellt diese doch insofern einen Sonderfall dar, als schon ihr Forschungsgegenstand primär visuell ist. Es geht nicht um naturgegebene oder abstrakte Sachverhalte, die mittels der imagines agentes illustriert werden sollen, sondern um die imagines selbst, die als Medium verschiedenste Sachverhalte widerspiegeln. Kann man also mit Bildern in Räumen Wissen über Bilder (und Räume) strukturieren?

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Kaum einer wird sich eine visuelle Eselsbrücke ausdenken, um sich ein existentes Bild zu merken. Dieser Teil der Erinnerungskunst erscheint für die spezifisch kunsthistorischen Bedürfnisse also ungeeignet, um nicht zu sagen absurd. Unsere imagines exstieren bereits. Doch wie steht es mit den loci, die die Kontextualisierung der imagines erlauben, also die Schaffung von Zusammenhängen innerhalb unserer Bildersammlung? Auch hier ist die Kunstgeschichte in einer besonderen Situation: So wie die imagines agentes, mit denen wir uns befassen, bereits materialisiert sind, sind dies auch die Orte, an denen sie zu sehen sind: die Museen. Jedes Museum versucht, durch die Art der Hängung Kontexte zu schaffen und ästhetische Schwerpunkte zu setzen. Die Tatsache, dass wir über das Bild rechts vom Ausgang oder gegenüber vom Dürer sprechen, zeigt, dass unsere räumliche Erinnerungstechnik auch heute noch bestens funktioniert. Dennoch hinkt der Vergleich des Museums mit den Erinnerungsorten der antiken Mnemonik-Traktate in zweierlei Hinsicht: Erstens ist ein materialisierter Erinnerungsraum kein individueller mehr, die Struktur, die memoriert werden soll, wird nicht individuell konstruiert, sondern bereits vorgefunden. Und zweitens ist das Museum beschränkt auf materielle Objekte und kann abstrakte Zusammenhänge und Kategorien, die in die Gedächtnisräume problemlos integrierbar sind, nur schwer illustrieren.
Daher ist zu fragen, inwieweit das digitale Medium die Möglichkeit bietet, sowohl eine flexible Kontextualisierung als auch individuelle Konstruktionen kunsthistorischen Wissens in der Tradition der antiken Erinnerungsräume zu gestalten.

Der Cyberspace als Erbe der antiken Erinnerungsräume?

Virtuelle Museen

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Den realen Museen am nächsten sind virtuelle Rundgänge durch existente Museen, wie sie beispielsweise auf der Website des Louvre angeboten werden. Sie sind im Gegensatz zum realen Museum nicht ortsgebunden, sind im übrigen aber auf die meist recht zufälligen Bestände des realen Museums beschränkt und geben auch die dort praktizierte Hängung wieder.



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Einen Schritt weiter gehen die virtuellen Rundgänge durch virtuelle Museen. Diese bieten hinsichtlich der Kontextualisierung den eigentlichen und nur im Netz realisierbaren Vorteil, dass sie Bilder zusammenbringen können, die in der Realität nicht an einem Ort zu finden sind, also neue Kontexte schaffen. So findet man zum Beispiel auf der CD "Florenz in der Renaissance" [9] Hauptwerke der Renaissancekunst in einem virtuellen Atrium zusammengestellt.



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Rechts steht Donatellos Bronze-David, für den Innenhof des Palazzo Medici gedacht und heute im Bargello, unter den Arkaden im Hintergrund sieht man die Verkündigung Leonardos, für eine Kirche in der Umgebung von Florenz geschaffen und heute in den Uffizien, und links ein Säulenfragment, das auf Brunelleschis Bautätigkeit verweist. Es zeigt sich deutlich die Problematik solcher Simulationen in der Kunstgeschichte. Durch den - auch stilistisch - realistischen Eindruck des Ensembles prägt sich das Gesamtbild zwar ein, es besteht aber die große Gefahr, dass es als Abbildung einer realen Situation memoriert wird und damit ein Kontextualisierung entsteht, die absolut ahistorisch und den Einzelwerken nicht angemessen ist.

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Dem gegenübergestellt sei ein Werk des australischen Medienkünstlers Jeffrey Shaw. In seiner interaktiven Installation "Virtual Museum" [10] versucht er, das Wesen der bildkünstlerischen Gattungen (Malerei, Bildhauerei, Film und digitale Medien) in einem computergenerierten Raumensemble zu visualisieren. Er geht dabei metaphorisch vor, schafft imagines agentes für kunsthistorische Gattungsbezeichnungen.



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So sieht man in dem Raum, der die Malerei verkörpern soll, eine Reihe gleich großer Bilderrahmen, in denen der nicht endende Satz durchläuft: "Something that appears to be like nothing can take the place of something that appears to be like nothing can take the place of [...]" - ein subtiler Kommentar zum Problem der Mimesis.
Shaws Werk ist ein Beispiel dafür, wie ein Raumgefüge als Strukturmetapher dienen kann, mit dessen Hilfe - in diesem Falle recht abstrakte, kategoriale - Sachverhalte dargestellt werden können.
Eine Steigerung der Virtualität erfahren digitale Räume durch die stärkere Einbeziehung des Betrachters, sei es durch interaktive oder durch immersive Techniken.

Immersion

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Hinsichtlich der Immersion, der Einbeziehung des Betrachters in den Bildraum, kann man zwischen modellhaften und illusionistischen Installationen unterscheiden. Shaws Virtual Museum ist ein Beispiel für erstere: Hier sitzt der Betrachter auf einem Bürostuhl in einem Raum, der auf einem vor ihm stehenden Bildschirm nochmals zu sehen ist - inklusive des Stuhles, der so zum Stellvertreter des Betrachters im virtuellen Raum wird, zumal die Bewegung des realen Sessels auch die Perspektive auf den virtuellen Raum verändert. Ähnlich arbeitet das Memory Theater VR von Agnes Hegedüs, bei dem die Navigation über die Bewegung eines Gegenstandes in einem dreidimensionalen Modell des virtuellen Theaters geschieht [11].

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Technisch avancierter sind illusionistische virtuelle Räume, die mit dem Head Mounted Display oder im CAVE betrachtet werden können [12]. Der CAVE wird für die Visualisierung technischer Entwicklungen, zum Beispiel im Automobilbau, für die Simulation aufwändiger Projekte (etwa der Stadtplanung), aber auch für künstlerische Projekte genutzt. Institute wie das Electronic Visualization Laboratory in Chicago und das Ars Electronica Future Lab im österreichischen Linz fördern aber auch künstlerische Arbeiten für den CAVE. Für unser Thema sind zwei Installationen besonders interessant, die man im Linzer Ars Electronica Center erleben kann, das Multi Mega Book und Mitologies. Das Multi Mega Book wird von seinen Produzenten (Franz Fishnaller und Yesi Maharaj Singh von der italienischen Medienagentur FABRICATORS, in Zusammenarbeit mit dem Electronic Visualization Laboratory in Chicago und dem Ars Electronica Future Lab) als elektronische Buchskulptur beschrieben, als eine "magische und stimulierende Reise durch einige der intensivsten Momente der menschlichen Erfahrung mit Medien, Technologie, Wissenschaft, Architektur und Kultur" [13]. Es geht darum, die Welt in der Zeit des Buchdrucks dem Zeitalter der digitalen Medien gegenüberzustellen, wobei das 15. Jahrhundert am Beispiel der idealen Renaissancestadt illustriert wird.



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So kann man Brunelleschis Florentiner Domkuppel hinauffliegen, von dort durch eine Wolke in Gestalt der Venus von Botticelli wieder nach unten springen und um die Ecke nicht nur die Brancacci-Kapelle sehen - wobei die Zinsgroschen-Szene als Staffage vor den Eingang postiert wurde -, sondern in direkter Nachbarschaft sowohl den römischen Kapitolsplatz als auch S. Maria delle Grazie in Mailand besichtigen. Dort erwartet einen ein besonderes Schauspiel, denn sobald man sich dem Abendmahl Leonardos nähert, wird es zum Drahtgittermodell, von dem Judas aufsteht und sich verabschiedet.



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Während hier also existierende Räume simuliert, animiert und kombiniert werden, werden bei dem zweiten genannten Projekt, Mitologies, neue architektonische Räume geschaffen - allerdings unter Einbeziehung mindestens ebenso vieler historischer Kulturschätze. In einem Assoziationsfeld, dass zwischen dem Labyrinth des Minotaurus, Dantes Göttlicher Komödie und der Offenbarung des Johannes vagiert, soll in einer rhizomartigen, das heisst unendlich verknüpften Struktur auf die Endzeitstimmung des Jahrtausendwechsels angespielt werden. Dafür irrt man in astronomischen Zeit- und Kultursprüngen zwischen Hades, der Mezquita in Córdoba, einer virtuellen Rekonstruktion des Leonardo-Zentralbaus und tapetengleich ins Gigantische vergrößerten Dürer-Holzschnitten umher [14].

<19>
Nicht ohne Berechtigung kann man einwenden, dass solcherart Inszenierungen unseres kulturellen Erbes nicht von Kunsthistorikern, sondern von Künstlern bzw. Medienagenturen geschaffen wurden und damit keinem wissenschaftlichen, sondern künstlerischen Ansprüchen genügen müssen. Als Kunst können sie überzeugen - oder eben nicht. Dennoch muss man konstatieren, dass derartige Animationen durchaus einen Einfluss auf das gesellschaftliche Bild unseres Faches haben und auch in Linz keineswegs als rein künstlerische Collagen ohne informativen Impetus vorgestellt werden. Gerade im Bereich der digitalen Medien wird deutlich, dass nicht nur der Kunsthistoriker die Hilfe von Informatikern und Mediendesignern braucht, sondern dass auch letztere des geisteswissenschaftlichen Korrektivs bedürfen, was die visualisierten Inhalte angeht. Ein kritischer Diskurs kann somit zu auch wissenschaftlich vertretbaren Illustrationen unseres Forschungsgegenstandes führen. Experimente wie die gezeigten sind notwendig, um Möglichkeiten wie Gefahren der Darstellung unseres Faches im digitalen Medium überhaupt erst aufzuzeigen.

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An einem weiteren Beispiel sei gezeigt, dass auch hier wieder abstraktere, symbolische Raumkonzepte einen überzeugenderen Weg zur Visualisierung von Kulturgeschichte zu weisen scheinen. Die Installation "Home of the Brain" von Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss wurde für ein Head Mounted Display konzipiert. Die Künstler entwickelten ein VR-System, das vier für die Entwicklung der Medientechnologie wichtige Kulturtheoretiker in ihren Ansätzen repräsentiert. In einem virtuellen Raum, der dem Grundriss der Neuen Nationalgalerie in Berlin folgt, kann man vier Häuser besuchen, die den KI-Forscher Marvin Minsky, seinen Antipoden Joseph Weizenbaum sowie die Medienwissenschaftler Vilém Flusser und Paul Virilio vorstellen.



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Die Häuser sind farblich differenziert, Minskys 'Haus der Utopie' ist blau und verweist mit Symbolen wie Kugel und Wasser auf die artifizielle Optimierung des menschlichen Geistes. Weizenbaums Haus hingegen ist grün als Zeichen der Hoffnung, Virilios 'Haus der Katastrophe' ein gelber Oktaeder, Flusser wird durch eine rote Pyramide vorgestellt. Mit einem Joystick kann man sich zwischen den Häusern bewegen, sie betreten und in ihnen wichtige Zitate der Personen hören [15].

<21>
Alle bisher erwähnten Installationen visualisieren auf die verschiedensten Weisen kulturgeschichtliche Zusammenhänge im virtuellen Raum und fungieren als konstruierte Erinnerungsräume, als externe Wissensspeicher. Sie zeigen deutlich, dass die Unterscheidung zwischen Bild und zu verbildlichendem Inhalt umso schwerer wird, je realitätsnäher der virtuelle Raum ist und umso einleuchtender erscheint, je abstrakter die Inhalte vermittelt werden [16]. Der Betrachter muss unterscheiden können zwischen möglichst detailgetreuen virtuellen Rekonstruktionen der gebauten oder geplanten Realität, wie sie Manfred Koob am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt erarbeitet, und inhaltlich motivierten 'Informationscollagen', die gerade andere als die realräumlich vorhandenen Zusammenhänge in den Vordergrund stellen.

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Die genannten Projekte bieten - im Gegensatz zum Museum - die Möglichkeit, jedwede materiellen oder theoretischen Zusammenhänge zu visualisieren. Der entscheidende Nachteil gegenüber den antiken Mnemonik-Theorien aber bleibt: sie sind bereits durchgestaltet und bieten keinen Raum für die individuelle Konstruktion von Wissenszusammenhängen. Mit der Forderung nach Letzterem entspricht die antike Mnemonik einem wichtigen Grundsatz moderner Pädagogik, dem konstruktivistischen Lernprinzip: Das was vom Lernenden selbst in Zusammenhänge gebracht und mit bereits Gewusstem verknüpft werden kann, prägt sich am besten ein. Und genau dieser Forderung lässt sich mithilfe der digitalen Medien auch nachkommen, durch die zweite potentielle Stärke des Cyberspace, die Interaktivität.

Interaktive Räume

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Obwohl auch die bisher gezeigten Werke eine Interaktion zulassen, ist diese sehr beschränkt. Möglich sind lediglich Mensch-Maschine-Interaktionen in Form der Auswahl des Weges und der Stationen in einem vorgegebenen Programm [17]. Theoretisch ist der Cyberspace aber zu mehr fähig. Einerseits ermöglicht es eine Erweiterung der Mensch-Maschine-Interaktion im Sinne einer Lernfähigkeit des Systems, das sich mit den Eingaben des Benutzers stetig weiterentwickelt. Andererseits erlaubt es die maschinenvermittelte Mensch-Mensch-Interaktion, den Austausch über die digitalen Inhalte und Strukturen, der zu einer kooperativen Auseinandersetzung mit und Modifikation derselben führen kann. Auch derartige Varianten des Cyberspace existieren bereits und werden für Vermittlungszwecke genutzt, in den sogenannten MUDs und MOOs [18]. Beide Begriffe bezeichnen virtuelle Gebäude mit zahlreichen Räumen, die von ihren Besuchern selbst gestaltet und ausgestattet werden können, und zwar in gegenseitiger Kommunikation.

<24>
Möglich sind hierbei öffentliche (von allen Benutzern 'hörbare') und nichtöffentliche Gespräche, Kommunikationssituationen innerhalb bestimmter Räume etc. In den Räumen können Objekte abgelegt werden, die von den Besuchern analysiert, beschrieben und diskutiert werden können. Damit erfüllen die MUDs und MOOs nicht nur die Forderungen der analogen Mnemonik-Techniken, sondern sind ihnen sogar überlegen, denn sie erlauben nicht nur individuellen, sondern auch kooperativen Konstruktivismus. Gerade im amerikanischen Raum werden solche virtuellen Räume bereits häufig zur Lehrzwecken verwandt. Dabei arbeiten die klassischen MUDs und MOOs als einfache Telnet-Verbindungen und sind weit davon entfernt, eine virtuelle Realität im Sinne möglichst genauer Simulation anzustreben. Einige zeigen einen rudimentären Raumplan zur Orientierung über die möglichen 'Aufenthaltsorte' der Nutzer, aber im Prinzip ist ihr Aufbau ausschließlich textorientiert.



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So wird selbst eine Graphik Andy Warhols im MediaMOO, einem Netzraum für Medienwissenschaftler, mit Worten umschrieben. 



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Die Textorientierung erscheint hinsichtlich der Kommunikationsgeschwindigkeit und einfachen Installierbarkeit vorteilhaft, für die spezifischen Bedürfnisse der Kunstgeschichte wünscht man sich jedoch eine visuellere Form kollaborativer Wissensaneignung. Auch diese ist jedoch bereits möglich, in Form von Software wie "The Palace" oder "Active Worlds", die kostenlos aus dem Netz zu beziehen ist und eine Navigation im visuell simulierten, virtuellen Raum erlaubt.



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Das hier gezeigte Beispiel stammt aus einem mit Active worlds erzeugten virtuellen Campus, der die Internetseite der Universität, eine dreidimensionale Lernumgebung und ein textorientiertes Befehlsfeld vereint. In Ermangelung kunsthistorischer Beispiele sollen die dort gezeigten Bilder physikalischer Modelle verdeutlichen, dass eine Einbeziehung digitaler Reproduktionen in diese Umgebungen technisch ohne Weiteres möglich ist.

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Bereits dieser kurze Blick auf die virtuellen Lernumgebungen macht deutlich, wie eng sich diese an realen Räumen orientieren. Im didaktischen Bereich findet man meist das universitäre Campus-Modell verwirklicht, mit Bibliotheken, Labors, Übungsräumen, Cafés etc. Prinzipiell ist die Gestaltung der virtuellen Lernumgebungen jedoch beliebig, im Gegensatz zu den oben gezeigten immersiven Projekten haben wir es hier mit einer zunächst völlig inhaltsungebundenen Bereitstellung von Kollaborationsmöglichkeiten zu tun, die den Bedürfnissen der Nutzer entsprechend organisiert und strukturiert werden können. Denkbar sind also genauso Epochenräume, Methodenlabors, Künstlernetze etc. Man muss nur an bereits zweidimensional realisierte Strukturen wie geographische Karten oder Timelines denken, um sich klarzumachen, welche Potentiale hier liegen.

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Die Timeline [19] weist dabei den Weg zu dem wohl wichtigsten Aspekt, den der Cyberspace sowohl dem realen Raum als auch den antiken Erinnerungsräumen voraus hat: Es ist nicht auf drei Dimensionen beschränkt, sondern ermöglicht auch die Einbeziehung der vierten Dimension, der Darstellung zeitlicher Veränderung. Und auch auf vier Dimensionen muss der Cyberspace nicht beschränkt sein. Wenn auch dem Normalbürger die Vorstellung des elfdimensionalen Raums in der Physik nach wie vor schwer fällt, ist die Vorstellung zahlreicher Dimensionen im virtuellen Raum ungleich einfacher. Wissensstrukturen lassen sich hier in zahlreichen Ebenen visualisieren und gerade ihre flexible, interaktive und diskursive Strukturierbarkeit macht sie zu einem idealen Medium der theoretisch und historisch arbeitenden Geisteswissenschaft.

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Eine Ausweitung der Darstellung unseres Faches über den zweidimensionalen, bebilderten Text hinaus in den mehrdimensionalen Hyperraum würde das Postulat vom Ende der einen, linear beschreibbaren Entwicklung der Kunstgeschichte illustrieren und die Verzahnung und historische Bedingtheit der Forschungsfelder strukturell und visuell zu verdeutlichen helfen.

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Dabei sollte man von Räumen weniger als von Abbildern realer Architektur sprechen als vielmehr von Modellen, denn während Abstraktes veranschaulicht zu werden drängt, drängt das visuelle Objekt nach einer theoretischen Kontextualisierung. Auch diese ist im digitalen Raum - genauso wie im Hirn des Simonides - möglich. Schon 1991 hat Marcos Novaks darauf hingewiesen, dass in Zeiten des Cyberspace zur gebauten oder baubaren, an die Gesetze der Statik gebundenen Architektur eine weitere Architekturform tritt, die er als "liquid architecture" oder verräumlichte Musik bezeichnet: eine animierende, animierte, metaphorische, Kategorien übergreifende und variable Architektur, in der "der nächste Raum immer ist, wo ich ihn brauche und wie ich ihn brauche" [20].

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Im kulturhistorischen Bereich sind solche Umgebungen noch selten, bzw. noch im Pilotstadium. Hinzuweisen ist auf Projekte wie movii [21] zur dreidimensionalen Organisation von Lehrmodulen, oder an die Vision eines Museumsinformationssystems, die die Gruppe filesharing auf der EVA 2000 in Berlin vorgestellt hat [22]. In ähnliche Richtung, wenn auch noch im zweidimensionalen Raum, gehen Visualisierungsbemühungen von Internetplattformen wie netzspannung.org [23] und opuscommons, die eine deutsche Plattform für Medienkünstler und -wissenschaftler, das zweite ein indisches Projekt zur gemeinsamen künstlerischen Arbeit im Netz.



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Beiden gemeinsam ist die Idee, Inhalte über eine Datenbank zu verschlagworten und ihre konzeptuelle Verwandtschaft oder Unterschiede durch räumliche Nähe oder Distanz, durch Verbindungslinien, gleiche Farben etc. zu visualisieren. Opuscommons bietet dabei die zusätzliche Möglichkeit, auf der Plattform gespeicherte Bilder herunterzuladen, zu verändern und mit Kommentaren zu versehen.

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Nur intelligente Konzepte und die Zusammenarbeit mit entsprechenden Fachleuten können dabei allerdings garantieren, dass die neuen kollaborativen Perspektiven auf unsere kulturelle Gegenwart und Vergangenheit letztlich vom externen Wissensspeicher in das interne Bewusstsein der Bevölkerung übergehen, damit, wenn statt des Palasts des Skopas einmal das Netz zusammenbrechen sollte, genügend Hirne vom Kaliber des Simonides vorhanden sind, die Kerngedanken, die aus solcherart Wissenschaft hervorgehen, der Nachwelt zu überliefern [24].

Anmerkungen

1Vergleiche Aleida Assmann: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München 1999, 21: "Das Archiv ist nicht nur ein Ort, wo Dokumente aus der Vergangenheit aufbewahrt werden, sondern auch ein Ort, wo Vergangenheit konstruiert, produziert wird. Diese Konstruktion ist nicht nur abhängig von gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen, sondern auch wesentlich mitbestimmt von den herrschenden Kommunikationsmedien und Aufzeichnungstechniken"; sowie Peter Matussek: "Die Flasche hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität des Weines", Computer als Gedächtnistheater in: Götz-Lothar Darsow (Hg.): Metamorphosen. Gedächtnismedien im Computerzeitalter, Stuttgart-Bad-Canstatt 2000, 81-100, hier: 82.
2Ausführlich zu dieser Legende und den Grundlagen der antiken Gedächtniskunst: Frances A.Yates: Gedächtnis und Erinnern. Mnemonik von Aristoteles bis Shakespeare, 3. Auflage, Berlin 1994.
3Ad. C. Herrenium, Liber III, letzter Abschnitt ("memoria utrum habeat [...]").
4Cicero, De Oratore (55 v. Chr.) II, LXXXVII, 357;
Marcus Fabius Quintilian: Institutio Oratoria / Ausbildung des Redners, XI, 2-24-40.
5Vergleiche Assmann, Erinnerungsräume, 20: "Jedes individuelle Gedächtnis ist heute von einem Ensemble technischer Gedächtnismedien umgeben, die die Grenze zwischen intrapsychischen und extrapsychischen Prozessen verwischen. Dass diese Grenze überhaupt schwer aufrechtzuerhalten ist, zeigt insbesondere die Metaphorik, in der Philosophen, Künstler und Wissenschaftler die Mechanismen des menschlichen Gedächtnisses beschrieben haben. Bereits die ältesten Beschreibungen des Gedächtnisses ziehen Metaphern technischer Aufzeichnungssysteme heran, die ihrerseits den Wandel der Mediengeschichte reflektieren: von Wachstafel und Pergament zu Photographie, Film, PC. Hier zeichnet sich gegenwärtig eine Epochenwende ab, bei der die zweieinhalbtausendjährige Leitmetapher des Gedächtnisses, die Schrift, durch die Megatrope des elektronischen Netzes abgelöst wird."
6 Giulio Camillo Delminio: L'Idea del Theatro (1550), herausgegeben von Ugo Marchetti, Cernusco sul Naviglio, 1985, 21.
7Zu Robert Fludd Yates: Gedächtnis und Erinnern, 294-312, zu Matteo Ricci / Jonathan D. Spence: The memory palace of Matteo Ricci, New York 1984.
8Vergleiche Yates: Gedächtnis und Erinnern, 88-90.
9Herausgegeben von der Telemedia GmbH by Bertelsmann, 1995.
10Jeffrey Shaw: The Virtual Museum, interaktive Installation, 1991, Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. Vergleiche ZKM Karlsruhe (Hg.): Jeffrey Shaw - a user's manual, Ostfildern 1997, 132-133.
11Agnes Hegedüs: Memory Theater VR, interaktives Environment, 1997, ZKM Karlsruhe. Vergleiche Hans Peter Schwarz: Medien-Kunst-Geschichte, München / New York 1997, 120-121. Hegedues bezieht sich in dieser Arbeit explizit auf Giulio Camillo und die Ausführungen bei Yates.
12Als CAVE bezeichnet man einen kubischen Raum, an dessen fünf Wände durch Rückprojektionen ein virtueller Raum projiziert wird. Mit einer speziellen 3D-Brille und einem Joystick ausgestattet fühlt sich der Betrachter im CAVE tatsächlich als Teil der virtuellen Welt, in der er sich bewegen kann; als Head Mounted Display einen stereooptischen Datenhelm, bei dem durch die Projektion zweier leicht verschobener Bilder direkt vor die Augen des Betrachters eine dreidimensionale Wahrnehmung erzeugt wird, die das gesamte Gesichtsfeld des Betrachters einnimmt und sich entsprechend dessen Kopfbewegungen verändert.
13http://www.evl.uic.edu/EVL/NEWS/MMB/background.html (26.06.1999, abgerufen am 08.09.2002)
14Siehe "Mitologies. A VR Artwork", Website zum Projekt (24.09.1998), http://www.evl.uic.edu/mitologies (19.12.2002).
15Ausführlich zu dieser Installation Oliver Grau: Virtuelle Kunst in Geschichte und Gegenwart. Visuelle Strategien, Berlin 2001, 138-187.
16Vergleiche Steven Johnson: Interface Culture, Stuttgart 1999, 71.
17 Ein wenig weiter geht die CD "Kunst der 60er - Lernen mit Bildern" (ein Projekt von Kai-Uwe Hemken gemeinsam mit der TU Berlin, Classen & Friends New Media Agency im Auftrag der Deutschen Telekom und des Bundesverbandes Deutscher Galerien e.V., 1998). Hier können in einem virtuellen Themenmuseum die einzelnen Bilder im Raum zumindest angewählt werden, um nähere Informationen zu ihnen zu bekommen. Noch interessanter wäre jedoch die Möglichkeit, die Anordnung der Bilder selbst zu bestimmen, sich ein individuelles virtuelles Museum zu schaffen. Vergleiche auch Peter Matussek, der im Rahmen des SFB "Kulturen des Performativen" den "Computer als Gedächtnistheater" untersucht und in diesem Zusammenhang eine verstärkte Aktivierung des Users einfordert, Peter Matussek: Das Projekt 'Computer als Gedächtnistheater' (26.01.2000), http://141.20.150.19/PM/Pub/V_29.html (07.09.2002).
18MUD ist die Abkürzung für Multi User Dungeon, bezeichnet wörtlich übersetzt also ein 'Verließ für viele Benutzer', Zeichen seiner Herkunft aus der Welt der Computerspiele und letztlich der Fantasy-Rollenspiele der 80er Jahre. Das MOO ist eine Weiterführung des MUD und steht für object orientated Mud, wobei das Lambda-MOO eine der frühesten erhältlichen Versionen dieser digitalen Umgebungen bezeichnet.
19Ein Beispiel für eine Timeline, die interaktive Visualisierung chronologischer Abläufe, findet man beim Metropolitan Museum of Art, http://www.metmuseum.org/toah/ (19.12.2002).
20 Marcos Novaks: Liquid Architectures in Cyberspace (1991), in: Niel Spiller: CyberReader. Critical writings for the digital era, London 2002, 152-155, hier 153. Vergleiche zu Visionen digitaler Architektur und ihrer Funktion als Informationsträger auch Kirsten Wagner: Architektonika in Erewhon. Zur Konjunktur architekturaler und urbaner Metaphern, in: Wolkenkuckucksheim 3 (1988), H. 1, http://www.theo.tu-cottbus.de/Wolke/deu/Themen/981/Wagner/wagner_t.html (05.01.2003).
21Moving interfaces and images, Verbundprojekt verschiedener Fachhochschulen und Universitäten unter Leitung der FH Trier, Prof. Franz Kluge, siehe http://www.movii.de (19.12.2002).
22Siehe Sascha Prosek: New Views, in: Konferenzband EVA 2000 Berlin, 135-137.
23http://www.netzspannung.org (02.05.2003), sowie den Beitrag von Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss in diesem Journal.
24Vergleiche für den Bereich des Museums auch Annette Hünnekens: Lebendige Erinnerung. expanded museum. Von virtuellen und imaginären Museen, in: Kai-Uwe Hemken (Hg.): Bilder in Bewegung. Traditionen digitaler Ästhetik, Köln 2000, 175-191.

Autor

Katja Kwastek
Ludwig-Maximilians-Universität München
E-Mail: katja.kwastek@lrz.uni-muenchen.de
Web: www.fak09.uni-muenchen.de/Kunstgeschichte/dozenten/kwastek/index.html

Empfohlene Zitierweise:

Katja Kwastek: Interaktive Erinnerungsräume: LambdaMOOs und Lernen im CAVE als Erben des Simonides?, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 1 [08.05.2003],
URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/01/kwastek/index.html>

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